Biologische Arzneimittel wie rekombinante Proteine, monoklonale Antikörper oder manche Impfstoffe werden in Zellkulturen produziert. Um sicherzustellen, dass diese nicht mit Keimen kontaminiert sind, werden spezifische Erregernachweise geführt. Mitarbeiter des Paul-Ehrlich-Instituts haben federführend für die WHO die erste international anerkannte Referenzpräparation für die Testung von Zellkulturen auf Kontamination mit Mykoplasmen entwickelt. Über diesen neu entwickelten WHO-Standard berichtet Applied and Environmental Microbiology in seiner Online-Ausgabe vom 12. Juni 2015
Mykoplasmen sind sehr kleine Bakterien ohne Zellwand, die aufgrund der geringen Größe und ihrer flexiblen Gestalt häufig auch Bakterienfilter passieren und daher mittels solcher Filter nicht sicher bei der Herstellung von Arzneimitteln entfernt werden können. Mykoplasmen können beim Menschen Erkrankungen der Atemwege und des Urogenitaltrakts verursachen.
Um sicherzustellen, dass weder die Ausgangszellen für die Produktion biologischer Arzneimittel – sogenannte Master-Zellbänke – noch die Produktionszellen selbst mit Mykoplasmen kontaminiert sind, werden unterschiedliche Testmethoden eingesetzt. Ein sehr sensitives Testverfahren ist die Nukleinsäure-Amplifikation-Technologie (NAT, nucleic acid amplification test). Dabei werden Abschnitte des bakteriellen Erbgutes milliardenfach vervielfältigt, wodurch Keime nachgewiesen werden können. Wie auch bei anderen Testverfahren ist eine Voraussetzung für die Verlässlichkeit dieser Testmethode ihre Überprüfung mithilfe geeigneter Referenzmaterialien – sogenannter internationaler Standards der WHO.
Mitarbeiter um Priv.-Doz. Dr. Micha Nübling, Leiter des Fachgebiets Molekulare Virologie der Abteilung Virologie des Paul-Ehrlich-Instituts, haben federführend für die WHO den ersten internationalen Standard für die NAT-Testung auf Mykoplasmen („1st WHO International Standard (IS) for mycoplasma DNA for NAT assay designed for generic mycoplasma detection„) entwickelt. Das Fachgebiet ist Teil des WHO-Kooperationszentrums für Blutprodukte und In-vitro-Diagnostika am Paul-Ehrlich-Institut. Im Rahmen dieser Entwicklung wurden in einer internationalen Machbarkeitsstudie vier exemplarische und miteinander entfernt verwandte Mykoplasma-Spezies in verschiedenen Konzentrationen in 21 Laboratorien mit 26 NAT-Verfahren eingesetzt. Auf diesen Ergebnissen aufbauend wurde der WHO-Standard hergestellt und schließlich vom „Expert Committee on Biological Standardization“ (ECBS) der WHO anerkannt. Professor Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, ist Mitglied des ECBS.
Dieser WHO-Standard steht nun international für die Bestimmung von Qualitätseigenschaften der NAT-Tests (z.B. Nachweisgrenze), zur Kalibrierung der quantitativen Assays sowie für die Festlegung regulatorischer Anforderungen für die Mykoplasmentestung zur Verfügung. „Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, diesen WHO-Standard zu entwickeln, der dazu beitragen wird, weltweit verfügbare Testverfahren zum Nachweis von Mykoplasmen verlässlicher und miteinander vergleichbar zu machen“
, sagt Priv.-Doz. Dr. Micha Nübling.