Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute
die frühe Nutzenbewertung der oralen Antidiabetika Empagliflozin und
Canagliflozin in Kombination mit Metformin abgeschlossen. Die
Pharmaunternehmen konnten dem G-BA nicht nachweisen, dass ihre neuen
Medikamente besser sind, als die bereits im Markt bewährten. Weder
Empagliflozin noch Canagliflozin/Metformin hat für die Patienten einen
Zusatznutzen. Für den bereits überprüften Wirkstoff Dapagliflozin sowie
Canagliflozin als Monotherapie konnte in einem früheren Verfahren ebenfalls
kein Zusatznutzen festgestellt werden. Bei den drei Wirkstoffen handelt es
sich um die Substanzklasse der SGLT2-Hemmer.
„Somit halten auch die neuen Wirkstoffe zur Behandlung von Typ-2-Diabetes
einer Überprüfung nach Kriterien der evidenzbasierten Medizin nicht stand“,
sagte Tim Steimle, Leiter des Fachbereichs Arzneimittel der Techniker
Krankenkasse (TK). „In der medikamentösen Diabetestherapie bleibt der
bewährte Wirkstoff Metformin weiterhin das Mittel der ersten Wahl.“
Vorherige Wirkstoff-Generation ebenfalls ohne Nutzen für Patienten
Der Bestandsmarktreport der TK kann für keines der Antidiabetika aus der
vorherigen Generation (DPP-4-Hemmer) einen patientenrelevanten Zusatznutzen
attestieren. Keines der untersuchten Arzneimittel wurde in der
Ampel-Bewertung mit „grün“ bewertet. Ärzte sollten daher immer im
Einzelfall prüfen, ob Patienten wirklich eines der Medikamente aus den
beiden neuen Klassen benötigen oder mit den bewährten Wirkstoffen
therapiert werden können. Der Report zeigt zudem, dass Gliptine oftmals
außerhalb der Zulassung und der Leitlinien eingesetzt werden. Diese sollen
Ärzte nur dann verordnen, wenn sie die bewährten Präparate aus
medizinischen Gründen nicht verschreiben können oder ihre Wirkung alleine
nicht ausreicht. Dennoch werden sie häufig gleich zu Beginn der Therapie
eingesetzt. In Zusammenarbeit mit Professor Dr. Gerd Glaeske bietet die TK
eine pharmazeutische Beratung für Ärzte an, die sie auf freiwilliger Basis
zu ihrem Verordnungsverhalten informiert.
Kaum Nutzen, hohe Kosten
Obwohl die Pharmaunternehmen für die untersuchten Wirkstoffe keinen
patientenrelevanten Zusatznutzen nachweisen können, sind sie deutlich
teurer als die bewährten Therapien. Die Unternehmen können im ersten Jahr
nach Marktzulassung den Preis für ihre Arzneimittel frei festlegen. Erst
wenn das Ergebnis der frühen Nutzenbewertung vorliegt, wird ein Preis
verhandelt.
„Unter Qualitätsaspekten ergeben ‚Karenzzeiten‘ aber keinen Sinn. Denn
entweder hat ein neuer Wirkstoff einen Zusatznutzen oder eben nicht“, sagt
Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. „Gerade in der
Diabetestherapie sehen wir, dass nicht jede Neuentwicklung mit echtem
medizinischen Fortschritt gleichzusetzen ist. Aus fachlicher Sicht wäre es
sinnvoll, dass der Erstattungsbetrag rückwirkend ab dem Tag der
Markteinführung gilt und nicht erst ab dem zweiten Jahr.“
Hintergrund für die Redaktionen
In dem Bestandsmarktreport wurde der patientenrelevante Nutzen von
Arzneimitteln bewertet, die nicht die frühe Nutzenbewertung durchlaufen
haben. Das Team von Professor Dr. Gerd Glaeske vom Zentrum für
Sozialpolitik der Universität Bremen untersuchte neben den Antidiabetika
(DPP-4-Hemmer und GLP-1-Analoga) auch die neuen oralen Antikoagulantien
(NOAK), sowie einige Biologika zur Behandlung von Rheuma. Die Bewertung
erfolgte anhand der bereits etablierten, ursprünglich für den
Innovationsreport der TK entwickelten Methodik. Sie umfasst die Bewertung
des Wirkstoffs in drei Kategorien: Vorliegen einer verfügbaren
Therapiealternative, patientenrelevanter (Zusatz)Nutzen und Kosten des
Arzneimittels im Vergleich zu bisher verfügbaren Arzneimitteln.