Berlin (vfa). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das
höchste Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im
Gesundheitswesen, hat bislang 136 Nutzenbewertungen von
neuen Arzneimitteln abgeschlossen: 77 mit Zusatznutzen, 59
ohne Beleg für einen Zusatznutzen.
Dazu sagt Birgit Fischer für die forschenden
Pharma-Unternehmen: „Für die medizinische Versorgung ist
entscheidend, dass der Zusatznutzen neuer Arzneimittel
anerkannt wird. Natürlich kann man die Ergebnisse jeder
Nutzenbewertung in Frage stellen. Auch wir kritisieren oft
genug einzelne Bewertungen und Bewertungsmuster. Fehlende
Daten sind z.B. noch lange kein Beleg für fehlenden Nutzen.
Aber vollkommen irrational und unverständlich ist, wenn die
offiziellen Bewertungen des Gremiums, in dem die Kassen eine
dominierende Stellung haben, von einzelnen Krankenkassen
wiederum durch eigene, isolierte und abweichende Bewertungen
ersetzt werden.“
„Nicht die Nutzenbewertung durch den G-BA, sondern deren
Folgenlosigkeit ist das Hauptproblem. Selbst wenn ein
Zusatznutzen festgestellt wird, kommt dieser noch lange
nicht beim Patienten an,“ so Fischer weiter.
Die vfa-Hauptgeschäftsführerin sieht die Ursache hierfür im
steigenden Rationierungsdruck auf Ärzte, der auf eine
zurückhaltende Verordnung neuer Medikamente ziele.
Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen übten über
ihre regionale Arzneimittelsteuerung Druck auf Ärzte aus,
billigere Medikamente zu verschreiben statt solcher mit
Zusatznutzen. So begrenzen manche Kassenärztlichen
Vereinigungen mit pauschalen Verordnungsquoten die
Verschreibung von Medikamente mit Zusatznutzen und manche
Krankenkassen gewähren Prämien bei der Verschreibung von
Medikamenten mit niedrigerem Zusatznutzen. Auch gibt es
Fälle, in denen die Praxissoftware bei der Verordnung von
Arzneimitteln mit Zusatznutzen „rot“ zeigt und die Ärzte auf
eine „grüne“ Alternative leitet, die laut G-BA Beschluss
aber schlechter ist.
Fischers Fazit: „Im Ergebnis werden Ärzte – auch durch die
Androhung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen – durch Kassen
und Kassenärztliche Vereinigungen davon abgehalten,
Medikamente mit Zusatznutzen einzig und allein aus
therapeutischen Gründen zu verschreiben. So bleiben die
Ergebnisse zentraler Nutzenbewertungen für Patienten im
Versorgungsalltag ungenutzt. Diese verdeckte Rationierung
verunsichert Ärzte und benachteiligt Patienten.“