Hamburg/Nürnberg, 10. Juni 2015. Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler –
auch beim Arzt in der Praxis vor Ort: Laborwerte werden vertauscht,
Diagnosen falsch dokumentiert. Praxisübergreifende Fehlerberichts- und
Lernsysteme helfen, medizinische Fehlgriffe zu vermeiden. Diese Systeme
sind in Deutschland im ambulanten Bereich – anders als im Krankenhaus –
noch nicht weit verbreitet. Die Techniker Krankenkasse (TK) will das
ändern. Sie startet daher jetzt mit Partnern in Nürnberg ein
wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt für mehr Patientensicherheit in
der Arztpraxis.
„Das Projekt fördert modellhaft die Patientensicherheits-Kultur. Damit
legen wir einen Grundstein für den weiteren Ausbau der Fehlermelde- und
Lernsysteme in der ambulanten Versorgung“, sagt Dr. Frank Verheyen, Leiter
des Wissenschaftlichen Instituts der TK für Nutzen und Effizienz im
Gesundheitswesen (WINEG). Das Ziel: unkomplizierte, aber effiziente
Handlungsempfehlungen entwickeln, um Ärzten und Praxispersonal zu helfen,
kritische Ereignisse künftig zu vermeiden.
Die zweijährige Modellphase startet in 70 Haus- und Facharztpraxen des
Gesundheitsnetzes Qualität und Effizienz Nürnberg (QuE). Unterstützt wird
das Projekt von TK, WINEG und dem Institut für Allgemeinmedizin der
Goethe-Universität Frankfurt am Main.
„Irren ist menschlich – das dürfen wir nicht vergessen. Fehler passieren
überall“, so Verheyen weiter. „Wenn sie geschehen sind, ist es klug, daraus
Schlüsse zu ziehen, um sie zukünftig zu vermeiden.“ Daher können
beteiligte Haus- und Fachärzte und deren Teams ab sofort Fehler, die im
Praxisalltag passieren, auf einer Homepage strukturiert dokumentieren.
Nachdem die Berichte anonymisiert wurden, stehen sie allen Mitgliedern des
Praxisnetzes zur Verfügung. Dadurch können gemeinsam Möglichkeiten gefunden
werden, solche Fälle in Zukunft zu vermeiden. Praxen können von den
Erfahrungen anderer lernen und im Alltag für eine höhere Sicherheit ihrer
Patientinnen und Patienten sorgen. Dabei geht es nicht nur um medizinische
Dinge, sondern auch darum, Prozesse zu verbessern, um beispielsweise
Verwechslungen von Laborproben – und damit das Überbringen einer falschen
Diagnose an den Patienten – zu verhindern.
Das Gesundheitsnetz QuE setzt bereits seit zehn Jahren Maßnahmen wie
regelmäßige Medikamentenchecks für chronisch kranke Patienten um und
verbessert damit die Versorgung der betreuten Nürnberger Patienten.
„Dennoch gibt es noch viele Punkte, an denen wir gemeinsam besser werden
können, indem wir von den Fehlern untereinander lernen“, sagt Dr. Veit
Wambach, niedergelassener Allgemeinmediziner und Vorsitzender des
Gesundheitsnetzes QuE Nürnberg. „Denn klar ist, für die Sicherheit in der
Patientenbehandlung ist das Lernen von anderen ein großer Mehrwert, der die
Versorgung unserer Nürnberger Patientinnen und Patienten noch deutlich
besser werden lässt.“