Teuren Stillstand bei eGK-Projekt beenden – Schmerzgrenze für Beitragszahler überschritten

Auf seiner heutigen Sitzung hat der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes erneut die Thematik elektronische Gesundheitskarte und Telematikinfrastruktur beraten und eine Erklärung verabschiedet. Der kurzfristig bekannt gewordene Referentenentwurf für ein Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen zeigt, dass die Forderungen des GKV-Spitzenverbandes, den Stillstand beim eGK-Projekt zu beenden, ernst genommen wurden. Vor diesem Hintergrund hat der Verwaltungsrat die Finanzsperre des Haushaltes für die gematik aufgehoben. Gleichzeitig weist er nachdrücklich noch einmal auf die Problematik der Bestandsnetze als Konkurrenz zur Telematikinfrastruktur hin und fordert klare gesetzliche Regelungen, die die zumindest indirekte Finanzierung dieser Parallelnetze über die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung unterbinden. Weitere Projektinvestitionen aus Beitragsgeldern sind nur zu verantworten, wenn die Potentiale für das deutsche Gesundheitswesen sowohl hinsichtlich der Qualität als auch der Wirtschaftlichkeit der gesundheitlichen Versorgung endlich nutzbar gemacht werden.

Nachfolgend die Erklärung im Wortlaut:

Der GKV-Spitzenverband und die gesetzlichen Krankenkassen stehen geschlossen hinter der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und einer Telematikinfrastruktur. Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes ist allerdings nicht bereit, Stillstand teuer mit Beitragsgeldern zu subventionieren. Die Schmerzgrenze ist mit Ausgaben von nahezu 1 Milliarde € Beitragsgeldern für die Entwicklungskosten – ohne dass bislang ein spürbarer Mehrwert für Patienten und Versicherte erreicht wurde – überschritten. Weitere Projektinvestitionen aus Beitragsgeldern sind nur zu verantworten, wenn die Potentiale für das deutsche Gesundheitswesen sowohl hinsichtlich der Qualität als auch der Wirtschaftlichkeit der gesundheitlichen Versorgung endlich nutzbar gemacht werden.

Der Gesetzgeber hat die Partner der Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern, Apotheken und Krankenkassen beauftragt, die elektronische Gesundheitskarte einzuführen und die Telematikinfrastruktur als Transportweg für diese und vor allem auch für zukünftige Anwendungen zu errichten. Die Gesellschafter der gematik sind aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Ressourcen der gematik so eingesetzt werden, dass unter Einhaltung der Zeitpläne aus den Vergaben eine wirtschaftlich sinnvolle Umsetzung des Projektes in Stufen erfolgt. Dabei ist eine klare Priorisierung der Projekte vorzunehmen, um schnellstmöglich die technologische Basis flächendeckend einzuführen. Diese Basis ist für die dringend benötigten, medizinischen Anwendungen unerlässlich. Die finanzielle Belastung der Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung ist nur zu rechtfertigen, wenn es endlich gelingt, die Telematikinfrastruktur zu errichten und der elektronischen Gesundheitskarte mit den seit Jahren gesetzlich vorgesehenen Anwendungen zu einem spürbaren Mehrwert zu verhelfen.

Die Forderung des GKV-Spitzenverbandes den Stillstand zu beenden, wird offenbar ernst genommen. Der kurzfristig bekanntgewordene Referentenentwurf für ein Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen stellt sich der vom Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes aufgebrachten Problematik und greift eine Reihe von zentralen Forderungen des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes auf, wie z. B. Terminsetzung und Sanktionierung bei den geplanten Projekten.

Parallelnetze als Verhinderungsinstrument

Es ist für den Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes nicht nachvollziehbar, wenn weiterhin Bestandsnetze, deren Datensicherheit – anders als bei der Telematikinfrastruktur – bisher nicht nachgewiesen wurde, als Konkurrenz zur Telematikinfrastruktur aufgebaut und finanziell gefördert werden könnten. Dadurch würden letzten Endes zumindest indirekt Finanzmittel der Beitragszahler, die für die gesundheitliche Versorgung von Patienten vorgesehen sind, verwendet. Dieser Missstand muss durch eindeutige gesetzliche Regelungen unterbunden werden. In der Konsequenz würde der Beitragszahler nämlich dreimal finanziell belastet: Bezahlt werden müssen die Telematikinfrastruktur der gematik, Parallelnetze und womöglich später die Zusammenführung der verschiedenen Plattformen. Das ist unverantwortlich.

Finanzsperre des Haushaltes für die gematik aufgehoben

Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes sah sich daher gezwungen, die für den Haushalt der gematik 2015 vorgesehenen Mittel zu sperren. Dem Verwaltungsrat ist es wichtig, von den politisch Verantwortlichen in der Regierungskoalition nachhaltige Unterstützung zu erhalten, um in diesem für Deutschland wichtigen Infrastrukturprojekt endlich voranzukommen. Es fehlt heute an notwendigen Rahmenbedingungen, insbesondere klaren Entscheidungsstrukturen.

Durch den Erlass der „Verordnung zur Anpassung des Betrags zur Finanzierung der Gesellschaft für Telematik für das Jahr 2015“ hat der Bundesgesundheitsminister die Kassen zur Zahlung der benötigten Mittel in die Verantwortung genommen. Der Verwaltungsrat hat die Sperrung der Mittel im Haushalt des GKV-Spitzenverbandes aufgehoben. Er erwartet, dass der Gesetzgeber konsequent die nächsten Schritte geht und insbesondere die notwendigen Entscheidungsstrukturen schafft. Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes fordert den Gesetzgeber auf, den GKV-Spitzenverband in der gematik als alleinigen Kostenträger mit hinreichenden Entscheidungsbefugnissen auszustatten.

eHealth Gesetz muss Lösungen bringen

Derzeit wird im Bundesministerium für Gesundheit ein eHealth-Gesetzentwurf erarbeitet. Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes bedarf es dringend einer gesetzlichen Regelung, die klarstellt, dass für die heute bereits im Gesetz verankerten Anwendungen, wie z. B. zu medizinischen Daten für die Notfallversorgung, elektronischen Arztbrief, Daten zur Prüfung von Arzneimittelsicherheit oder auch der elektronischen Patientenakte, als Transportweg, nur die in der gematik entwickelte Telematikinfrastruktur zulässig ist. Diese Klarstellung ist erstens aus wirtschaftlicher Sicht dringend erforderlich und zweitens wird das notwendige hohe Sicherheitsniveau nur über diese Telematikinfrastruktur zu gewährleisten sein. Dies haben sowohl das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik als auch die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in diversen Schreiben und Gesprächen bestätigt.

Auch für Übergangszeiten darf die Nutzung von Parallelstrukturen nur mit den gleichen Hochsicherheitsanforderungen möglich sein und darf insbesondere nicht aus Mitteln der Beitragszahler finanziert werden. Sämtliche geplante und zukünftig zu entwickelnde Telematikanwendungen sind bei Nichtnutzung mit Malusregelungen zu belegen. Finanzielle Anreize für die Nutzung von Telematikanwendungen sind aus Sicht des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes eine Zweckentfremdung von Beitragsmitteln.

Zusätzlich muss im Rahmen der Gesetzgebung berücksichtigt werden, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen bereits heute ihre Systeme zur Nutzung der Telematikinfrastruktur angeschlossen und betriebsbereit haben. In diesem Zusammenhang fallen schon heute nicht unerhebliche Kosten bei den Krankenkassen für den Betrieb der Systeme an, ohne dass diese genutzt werden. Von daher muss durch sanktionsbewehrte, verbindlich einzuhaltende Termine dafür gesorgt werden, dass mit dem Abschluss der anstehenden Erprobungsphase der Rollout und die Nutzung der Telematikinfrastruktur sichergestellt ist. Die politisch Verantwortlichen müssen jetzt die nötigen Maßnahmen einleiten, um ein schnelleres Projektvorgehen zu ermöglichen.

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