Die heute vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) veröffentlichten aktuellen Finanzzahlen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für das erste Halbjahr 2015 machen deutlich, dass die immer wieder behauptete Kostenexplosion bei Arzneimitteln ausbleibt. So stiegen die Ausgaben in diesem Bereich um 4,8 Prozent, gleichzeitig stiegen z. B. die Erlöse aus Rabattverträgen zu Lasten der pharmazeutischen Industrie um 9 Prozent. Die Ausgabensteigerungen der GKV sind zudem rückläufig. „Wenn einzelne Kassen in den letzten Wochen von Defiziten berichten, dann liegt die Tatsache, dass sie durch den niedrigeren durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 0,83 Prozent ihre Versicherten an ihren Finanzreserven beteiligen als Erklärung sicher näher als die Arzneimittelausgaben“, sagt Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI). „Diese sind nämlich wie erwartet moderat gestiegen und das hat gute und nachvollziehbare Gründe. Zum einen gab es eine ungewöhnlich starke Grippewelle, zum anderen profitieren Versicherte von neuen und sehr wirksamen Medikamenten zum Beispiel gegen Hepatitis C. Solche Innovationen sparen aber langfristig durch ihr hohes Heilungspotential auch Kosten ein, die zum Beispiel sonst durch Dauermedikation oder Transplantationen entstehen würden. Insgesamt haben Innovationen nicht wie immer wieder behauptet zu einem Beben im ohnehin stark regulierten deutschen Gesundheitssystem geführt. Sorge macht mir weiterhin die Tatsache, dass im Bereich der nicht patentgeschützten Arzneimittel unverändert die Daumenschrauben angezogen werden. Die Erlöse der Kassen aus Rabattverträgen sind um 9 Prozent gestiegen. Gleichzeitig gilt das Preismoratorium ungeachtet der Wirtschaftsentwicklung und der Kassenlage der GKV seit 2010 bis 2017 weiter. Arzneimittel ohne Patentschutz machen fast 80 Prozent aller abgegebenen Packungen aus. Wie soll unter diesen Bedingungen trotz steigender Kosten, z. B. für Personal und Rohstoffe, dauerhaft eine Versorgung vom Standort Deutschland aus gesichert werden?“, fragt Dr. Gerbsch.
Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des BPI weist damit darauf hin, dass die politischen Zwangsmaßnahmen gegen die pharmazeutische Industrie nach wie vor bestehen, während das Krankenversicherungssystem über ein Rücklagenpolster von fast 24 Milliarden Euro verfügt (davon 15,2 Mrd. bei den Krankenkassen und 8,6 Mrd. beim Gesundheitsfonds). Insbesondere das langjährige Preismoratorium treffe gerade standortgebundene Unternehmen, so Dr. Gerbsch. Ein Inflationsausgleich sei hier das Mindeste was man tun könne, um ihnen wirtschaftliche Spielräume zu geben. „Der Gesetzgeber gefährdet damit nicht zuletzt die Versorgungsvielfalt am Standort Deutschland“, sagt Dr. Gerbsch. „Wenn wir in Deutschland auch weiterhin ein der Wirtschaftskraft entsprechendes erstklassiges Gesundheitssystem haben wollen, dann darf man die Pharmaindustrie hierzulande nicht durch permanente Kostendämpfung schwächen, sondern muss den Standort stärken“, so Dr. Gerbsch.