Ebola: Impfstoffe und therapeutische Medikamente in Entwicklung

23.10.2014 – apowelt apothekennachrichten

Gegen die Virusinfektion Ebola, die sich derzeit in Afrika ausbreitet, gibt es bisher noch keine zugelassenen Medikamente – weder Impfstoffe noch Mittel zur Behandlung. Aber an einer ganzen Reihe solcher Medikamente und Impfstoffe wird schon seit einigen Jahren gearbeitet. Sie werden von Pharma- und Biotech-Unternehmen wie auch öffentlichen Forschungseinrichtungen entwickelt, in vielen Fällen mit finanzieller Unterstützung aus dem US-amerikanischen Verteidigungsetat. Das zeigen die folgenden Tabellen:

Projekte für Medikamente zur Behandlung von Ebola

experimentelles Medikament Unternehmen Partner Phase
TKM-Ebola Tekmira NIAID; NIH; USARMIID Phase I
Brincidofovir (Breitband-Virustatikum) Chimerix präklinische Phase (Phase I FDA-genehmigt, beginnt in Kürze; Phase II in Planung; gegen CMV- und Adenovirus-Infektionen in Phase III)
ZMapp (Mix von drei monoklonalen Antikörpern) Mapp Biopharmaceutical NIH; AMRIID; DARPA; DTRA; Icon Genetics (Halle, Deutschland) und Kentucky BioProcessing (USA) präklinische Phase
EMER-IT (polyklonale Antikörper) Fab’entech präklinische Phase
BCX-4430 BioCryst Pharmaceuticals NIAID; NIH u.a. präklinische Phase
rOAS (rekombinantes Enzym) Kineta NIAID präklinische Phase
Defilovir (Gentherapie) Defyrus CRTI präklinische Phase
MMCatLMC (Virustatikum) Mariam Medical präklinische Phase
Faviprivir Toyama/MediVector präklinische Phase (gegen Grippe in Japan schon zugelassen)
OS-2966 (monoklonaler Antikörper) OncoSynergy präklinische Phase
GBV-006 (Kombination zweier nicht genannter, zugelassener Wirkstoffe) Globavir Stanford University präklinische Phase

Stand: 19.10.2014; alle Angaben ohne Gewähr

AMRIID: US Army Medical Research Institute for Infectious Diseases
CRTI: Chemical, Biological, Radiological, Nuclear Research and Technology Initiative (Kanada)
DARPA: US Defense Advanced Research Projects Agency
DTRA: US Defense Threat Reduction Agency
FDA: Food and Drug Administration = US-amerikanische Arzneimittelbehörde
NIAID: National Institute of Allergy and Infectious Diseases (USA)
NIH: National Institutes of Health (USA)

Projekte für Impfstoffe gegen Ebola

cAd3-EBO Z (Impfstoff auf Basis von Adenoviren, wirkt auf T-Zellen) GlaxoSmithKline NIH Phase I in USA, UK und Mali (Phase II für 2015 geplant)
VSV-EBOV NewLink Genetics Public Health Agency of Canada; DTRA Phase I in den USA
VesiculoVax (trivalenter Impfstoff auf Basis des Vesicular Stomatitis-Virus) Profectus BioSciences NIAID präklinische Phase
Impfstoff auf Adenovirus-Basis Johnson & Johnson NIAID präklinische Phase
MVA-BN Filo (rekombinanter Impfstoff) Bavarian Nordic NIAID präklinische Phase
DNA-Impfstoff Inovio DoD; DTRA; NIAID präklinische Phase
Adenovirus-basierter oraler Impfstoff Vaxart präklinische Phase
Impfstoff Memcine präklinische Phase
Impfstoff mit Nanopartikeln Greffex präklinische Phase
Nanovircide-Impfstoff Nanoviricides AMRIID präklinische Phase
Impfstoff auf Basis der alphavaccine replicon vector (ArV)-Technologie AlphaVax AMRIID präklinische Phase
FiloVLP-Vaccine Integrated BioTherapeutics, Agenus NIAID; AMRIID präklinische Phase
Impfstoff Immunovaccine präklinische Phase

Stand: 19.10.2014; alle Angaben ohne Gewähr

AMRIID: US Army Medical Research Institute for Infectious Diseases
DTRA: US Defense Threat Reduction Agency
NIAID: National Institute of Allergy and Infectious Diseases (USA)
NIH: National Institutes of Health (USA)
DoD: Department of Defense (USA)

Die meisten dieser Medikamente befinden sich noch in der sogenannten präklinischen Phaseder Entwicklung. Das bedeutet, dass an ihnen noch im Labor gearbeitet wird oder sie derzeit mit Zellkulturen und mit Tieren erprobt werden.

Andere haben sich in diesen Tierversuchen bereits bewährt, so dass sie erstmals auch mit gesunden Freiwilligen erprobt werden können, in der sogenannten klinischen Phase I. In dieser Phase wird in mehreren Studien vor allem untersucht, ob der betreffende Impfstoff oder ein therapeutisches Medikament von den Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern so gut vertragen wird, wie das vorher bei Tieren der Fall war, und wie man es dosieren muss.

Noch keins der Medikamente hat die nachfolgende Phase II der Erprobung mit Menschen erreicht; aber in einigen Fällen wird diese bereits organisiert, obwohl die Phase-I-Studien gerade erst angelaufen sind. Wenn ein therapeutisches Medikament zu testen ist, wird die Studie mit Kranken durchgeführt, die sich zur Mitwirkung bereit erklärt haben. Sie erhalten entweder das neue Medikament oder eine andere Behandlung, so dass hinterher verglichen werden kann. Erst dieses Vorgehen erlaubt, die beobachteten Wirkungen zu beurteilen. Eine Phase II für einen Impfstoff wird mit Gesunden durchgeführt. Auch hier wird der neue Impfstoff mit einem anderen (in der Regel dem zugelassenen Impfstoff gegen eine andere Krankheit) verglichen. Die Wirksamkeit wird insbesondere anhand von Messungen der Immunreaktion der Teilnehmer bestimmt, nicht anhand tatsächlicher Ansteckungen – denn für alle Teilnehmer werden Maßnahmen ergriffen, damit es genau dazu möglichst nicht kommt.

Bei einer normalen Arzneimittelentwicklung schließt sich noch eine Phase III an. In dieser werden die Ergebnisse, die in Phase II mit wenigen Teilnehmern gewonnen wurden, noch einmal mit vielen Teilnehmern überprüft (je nach Krankheit können das viele hunderte, tausende oder sogar mehrere zehntausend Teilnehmer sein). Auch wird dann ggf. ein optimiertes Anwendungsschema (Dosis, Anwendungshäufigkeit) verwendet. Es ist jedoch möglich, ein Medikament auch schon nach Abschluss der Phase II zuzulassen, wenn die Ergebnisse überzeugend sind und der Bedarf für dieses Medikament groß ist. Ob das geschieht, entscheiden jedoch allein die Arzneimittelbehörden und nicht die entwickelnden Pharma-Unternehmen und ihre Partner.

Entwicklungsdauer

Angesichts der sich ausweitenden Epidemie wird allseits darauf gedrängt, die Erprobung der Medikamente so schnell wie irgend möglich abzuschließen und die Medikamente allgemein verfügbar zu machen. Bei mehreren der fortgeschrittensten Projekte ist auch schon erkennbar, wie Firmen und Genehmigungsbehörden auf dieses Ziel hinarbeiten. Dass beispielsweise für einen Impfstoff schon wenige Monate nach Beginn der Phase-I-Studien eine Phase II beginnen soll, ist ungewöhnlich und nur möglich durch intensivste Planung und Organisation in kurzer Zeit.

Dennoch lassen sich manche Entwicklungs- und Erprobungsschritte bei einem Medikament oder Impfstoff nicht weiter verkürzen, und es wäre auch nicht gut, sie zu übergehen. So kann jede klinische Studie erst beginnen, nachdem sie sorgfältig konzipiert wurde und von Behörden wie Ethik-Kommissionen genehmigt und gutgeheißen wurde. Dazu gehört auch, dass Aufklärungsmaterial für alle erarbeitet wird, die sich für eine Studienteilnahme interessieren. Sie haben ein Recht darauf zu erfahren, was über das experimentelle Medikament bzw. Den experimentellen Impfstoff bekannt ist und was noch nicht und welche Behandlungsalternativen es gibt; denn sie müssen auf dieser Grundlage eine informierte Entscheidung treffen können. Wichtig ist auch, intensiv auf Anzeichen möglicher Nebenwirkungen der Medikamente zu achten. Denn niemandem wäre mit einem Impfstoff oder therapeutischen Medikament gedient, der/das zwar die Viren abwehrt, aber die Behandelten selbst in Gefahr bringt.

Behandlung mit Blut oder Blutserum von Überlebenden

Derzeit wird noch eine weitere Behandlungsmöglichkeit für Infizierte erwogen, u. a. von der Weltgesundheitsorganisation WHO: Die Behandlung mit Blut oder Blutplasma von Personen, die eine Ebola-Infektion überstanden haben. Blutplasma ist Blut, aus dem die Blutkörperchen entfernt wurden; darin befinden sich Antikörper, die der Körper selbst in Reaktion auf die Infektion gebildet haben.

Diese Therapie beschreibt die WHO in einer Interim Guidance vom September 2014.

Solch ein Vorgehen gegen Ebola ist plausibel, muss aber seine Wirksamkeit und Verträglichkeit ebenso erst zeigen wie die anderen Medikamente in Entwicklung. Zudem dürfte geeignetes Spenderserum ein knappes Gut bleiben.

Quelle:  PM 23.10.2014 vfa – Verband forschender Arzneimittelhersteller
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